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Piston Pioneer
Test: Audi 100 vs Mercedes 200 vs BMW 2000 — AUTO BILD KLASSIK 1/2008 — 20.03.2008
Die milden 68er
Die Antriebe: Ganz von gestern
Unmöglich. Das Gaspedal scheint bereits in die Ölwanne eingedrungen zu sein – trotzdem passiert wenig. Es sind 95 PS, die den 200er-Benz antreiben, aber mindestens 15 davon machen gerade Pause. Überlegene Motorisierung können wir dem Mercedes wirklich nicht attestieren. Mit einer Wanderdüne haben wir es aber auch nicht zu tun. 16,4 Sekunden braucht der 200er für den Ritt auf 100 km/h – genug, um heute noch im Verkehr mitzuhalten. Nicht mehr, nicht weniger. Die ganze Schwerstarbeit quittiert das alte Eisen stets brummig – im Sound einer gigantischen Bombus terrestris, besser als Erdhummel bekannt. Bei jedem Auf und Ab der Flügel – sorry: Kolben – ist der Fahrer live dabei. Radau, Ruhestörung? Wer es so empfindet, der hat im Oldtimer nichts verloren. Im Gegenteil: Die technischen Geräusche sind ein Teil des Fahrvergnügens. Voll dabei, mittendrin im Geschehen. Und nicht seelenlos abgekapselt wie in einem modernen Auto. (The pedal is depressed all the way and nothing much happens. These are the 95-horsepower of the Mercedes 200, but it feels as if 15 of these horses are taking a break. The Mercedes impresses in this test but the engine doesn't. 16.4 seconds are needed to reach 100 km/h - just enough to still be able to keep up in modern day traffic. The engine is made out of heavy solid steel and the engine has an appropriate sound to accompany it: a grumpy sound. People who place emphasis on a quiet engine should stay away from the '200. On the other hand, the sounds are part of the driving experience and also part of the driving pleasure. It is a constant reminder that this car lacks the sound dampening and isolation materials that are so common in modern machines.)
Die Fahrwerke: Auf der weichen Welle
Wie bitte, BMW und sportlich? Spätestens jetzt ist die Illusion komplett zerstört. Täuschen uns denn alle Erinnerungen? Fakt ist: Der 2000 steht auf einem echten Schmalspur-Fahrwerk. Nicht nur optisch. Böse Zungen würden nach dem Tanz um die Pylonen, dem Durchfahren des Elchtests, dem Rumpeln über die Rüttelstrecke sogar behaupten: Talent in Sachen Beinarbeit fehlt ihm. Fahrverhalten in Kurven – hecklastig. Exaktheit der Lenkung – nicht vorhanden. Ansprechverhalten der Federung – gleichzeitig bockig und schaukelig. Objektiv ist also nicht viel los mit dem BMW. Mit seinem Fahrer dafür umso mehr, weil es anders nicht geht. Gegenlenken, weil das Heck ausbricht, das schwergängige Riesenlenkrad dabei fest im Griff halten, auf den flachen Sitzen hin- und herrutschen. Richtig schnell wird der 2000 trotz maximalen Körpereinsatzes seines Benutzers nie. Der hat, gewisse Grundkenntnisse des Fahrens vorausgesetzt, aber eine Mordsgaudi. Vielleicht genießt der alte BMW ja deshalb einen sportlichen Ruf, weil seine Fahrer fixer sein müssen. (BMW, sporty? Huh? It is at this moment that one realizes that it is an illusion. The BMW 2000 is equipped with thin tires that ensure that handling is nowhere near what we expect from a BMW. It would fail the Elk-test, uneven road surfaces are a pain and the behavior of the car in curves causes the rear to want to break out. Precise steering? No. The suspension is neither comfortable or sporty. The BMW driver needs to work hard to control the car - and this is not easy given the large steering wheel and the smooth flat seats with no side support. Maybe the old BMW enjoys a sporty reputation because its drivers had to be top fit to control it?)
Die Kosten: Nicht billig – aber preiswert
Längst geschafft! Der 30. Geburtstag liegt für Audi 100, BMW 2000 und Mercedes 200 lange zurück, sie dürfen sich also mit dem H-Kennzeichen schmücken. Das ist wichtig, denn mit dieser Nummer kommen einige Vorteile an den Wagen: Zum Beispiel die günstige Jahressteuer von 192 Euro. Unabhängig von Hubraum oder Schadstoffklasse. Auch die Versicherung ist abgekoppelt von der ehemaligen Typklassen-Einstufung. Wer maximal 5000 Kilometer pro Jahr fährt und sich auf die Haftpflicht beschränkt, zahlt sogar weniger als 100 Euro. Und noch ein Vorteil: Die Typen mit H dürfen sogar in die Umweltzone fahren. Wer sagt’s denn: Oldies sind zukunftssicher. (With these cars being older than 30 years, they're eligible for the H-license plate which brings with it many advantages. Among them are cheap yearly tax of only 192 Euros. Engine capacity and emissions output is irrelevant in this case. If these cars are driven over 5,000 km per year, expect to even pay less than 100 Euros in tax. There's another advantage: these cars are allowed to drive in parts of the cities were some modern cars aren't due to emissions. Like we said, "An oldtimer is a great investment!")
Fazit von AUTO BILD-Redakteur Andreas Borchmann
Da stehen wir nun vor dem Scherbenhaufen unserer Vorurteile. Der BMW 2000 hat mit Sport so gut wie nichts am Hut. Und der Audi 100 ist gar keine lahme Lehrer-Kutsche. Stattdessen überrascht das Erfolgsmodell aus Ingolstadt mit seinem dynamischen Talent. Vor allem durch seinen agilen Motor animiert er zum flotten Fahren. Ein 2000er-BMW wirkt dagegen eher beruhigend: zäher Vierzylinder, unexakte Schaltung, unausgewogenes Fahrwerk. Wie gut, dass wenigstens ein Vorurteil noch passt: Der Mercedes 200 ist ein rundum solider Typ mit ausgewogenen Alltagseigenschaften. Keine Frage: Wer einen alten 68er für alle Tage sucht, ist im Mercedes /8 gut aufgehoben. (At the end of the day, the BMW fails to impress. Its sporting abilities are poor. The Audi surprises us with agility and doesn't feel like an old man's car at all. Against the Audi, the BMW behaves rather tame giving more the impression of a cruiser and not a sports sedan. This impression is solidified by the rough 4-cylinder, the imprecise transmission and the nervous suspension. The Mercedes 200 is an allround solid performer with well-balanced everyday abilities. Need a car from 1968? No question, the Mercedes /8 is a good choice.)
Peformance Data
LINK: Test Audi 100, Mercedes 200, BMW 2000 - Die milden 68er - Klassik - autobild.de
Audi 100
BMW 2000
Mercedes-Benz 200
Die milden 68er
Die Antriebe: Ganz von gestern
Unmöglich. Das Gaspedal scheint bereits in die Ölwanne eingedrungen zu sein – trotzdem passiert wenig. Es sind 95 PS, die den 200er-Benz antreiben, aber mindestens 15 davon machen gerade Pause. Überlegene Motorisierung können wir dem Mercedes wirklich nicht attestieren. Mit einer Wanderdüne haben wir es aber auch nicht zu tun. 16,4 Sekunden braucht der 200er für den Ritt auf 100 km/h – genug, um heute noch im Verkehr mitzuhalten. Nicht mehr, nicht weniger. Die ganze Schwerstarbeit quittiert das alte Eisen stets brummig – im Sound einer gigantischen Bombus terrestris, besser als Erdhummel bekannt. Bei jedem Auf und Ab der Flügel – sorry: Kolben – ist der Fahrer live dabei. Radau, Ruhestörung? Wer es so empfindet, der hat im Oldtimer nichts verloren. Im Gegenteil: Die technischen Geräusche sind ein Teil des Fahrvergnügens. Voll dabei, mittendrin im Geschehen. Und nicht seelenlos abgekapselt wie in einem modernen Auto. (The pedal is depressed all the way and nothing much happens. These are the 95-horsepower of the Mercedes 200, but it feels as if 15 of these horses are taking a break. The Mercedes impresses in this test but the engine doesn't. 16.4 seconds are needed to reach 100 km/h - just enough to still be able to keep up in modern day traffic. The engine is made out of heavy solid steel and the engine has an appropriate sound to accompany it: a grumpy sound. People who place emphasis on a quiet engine should stay away from the '200. On the other hand, the sounds are part of the driving experience and also part of the driving pleasure. It is a constant reminder that this car lacks the sound dampening and isolation materials that are so common in modern machines.)
Die Fahrwerke: Auf der weichen Welle
Wie bitte, BMW und sportlich? Spätestens jetzt ist die Illusion komplett zerstört. Täuschen uns denn alle Erinnerungen? Fakt ist: Der 2000 steht auf einem echten Schmalspur-Fahrwerk. Nicht nur optisch. Böse Zungen würden nach dem Tanz um die Pylonen, dem Durchfahren des Elchtests, dem Rumpeln über die Rüttelstrecke sogar behaupten: Talent in Sachen Beinarbeit fehlt ihm. Fahrverhalten in Kurven – hecklastig. Exaktheit der Lenkung – nicht vorhanden. Ansprechverhalten der Federung – gleichzeitig bockig und schaukelig. Objektiv ist also nicht viel los mit dem BMW. Mit seinem Fahrer dafür umso mehr, weil es anders nicht geht. Gegenlenken, weil das Heck ausbricht, das schwergängige Riesenlenkrad dabei fest im Griff halten, auf den flachen Sitzen hin- und herrutschen. Richtig schnell wird der 2000 trotz maximalen Körpereinsatzes seines Benutzers nie. Der hat, gewisse Grundkenntnisse des Fahrens vorausgesetzt, aber eine Mordsgaudi. Vielleicht genießt der alte BMW ja deshalb einen sportlichen Ruf, weil seine Fahrer fixer sein müssen. (BMW, sporty? Huh? It is at this moment that one realizes that it is an illusion. The BMW 2000 is equipped with thin tires that ensure that handling is nowhere near what we expect from a BMW. It would fail the Elk-test, uneven road surfaces are a pain and the behavior of the car in curves causes the rear to want to break out. Precise steering? No. The suspension is neither comfortable or sporty. The BMW driver needs to work hard to control the car - and this is not easy given the large steering wheel and the smooth flat seats with no side support. Maybe the old BMW enjoys a sporty reputation because its drivers had to be top fit to control it?)
Die Kosten: Nicht billig – aber preiswert
Längst geschafft! Der 30. Geburtstag liegt für Audi 100, BMW 2000 und Mercedes 200 lange zurück, sie dürfen sich also mit dem H-Kennzeichen schmücken. Das ist wichtig, denn mit dieser Nummer kommen einige Vorteile an den Wagen: Zum Beispiel die günstige Jahressteuer von 192 Euro. Unabhängig von Hubraum oder Schadstoffklasse. Auch die Versicherung ist abgekoppelt von der ehemaligen Typklassen-Einstufung. Wer maximal 5000 Kilometer pro Jahr fährt und sich auf die Haftpflicht beschränkt, zahlt sogar weniger als 100 Euro. Und noch ein Vorteil: Die Typen mit H dürfen sogar in die Umweltzone fahren. Wer sagt’s denn: Oldies sind zukunftssicher. (With these cars being older than 30 years, they're eligible for the H-license plate which brings with it many advantages. Among them are cheap yearly tax of only 192 Euros. Engine capacity and emissions output is irrelevant in this case. If these cars are driven over 5,000 km per year, expect to even pay less than 100 Euros in tax. There's another advantage: these cars are allowed to drive in parts of the cities were some modern cars aren't due to emissions. Like we said, "An oldtimer is a great investment!")
Fazit von AUTO BILD-Redakteur Andreas Borchmann
Da stehen wir nun vor dem Scherbenhaufen unserer Vorurteile. Der BMW 2000 hat mit Sport so gut wie nichts am Hut. Und der Audi 100 ist gar keine lahme Lehrer-Kutsche. Stattdessen überrascht das Erfolgsmodell aus Ingolstadt mit seinem dynamischen Talent. Vor allem durch seinen agilen Motor animiert er zum flotten Fahren. Ein 2000er-BMW wirkt dagegen eher beruhigend: zäher Vierzylinder, unexakte Schaltung, unausgewogenes Fahrwerk. Wie gut, dass wenigstens ein Vorurteil noch passt: Der Mercedes 200 ist ein rundum solider Typ mit ausgewogenen Alltagseigenschaften. Keine Frage: Wer einen alten 68er für alle Tage sucht, ist im Mercedes /8 gut aufgehoben. (At the end of the day, the BMW fails to impress. Its sporting abilities are poor. The Audi surprises us with agility and doesn't feel like an old man's car at all. Against the Audi, the BMW behaves rather tame giving more the impression of a cruiser and not a sports sedan. This impression is solidified by the rough 4-cylinder, the imprecise transmission and the nervous suspension. The Mercedes 200 is an allround solid performer with well-balanced everyday abilities. Need a car from 1968? No question, the Mercedes /8 is a good choice.)
Peformance Data
LINK: Test Audi 100, Mercedes 200, BMW 2000 - Die milden 68er - Klassik - autobild.de
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Mercedes-Benz 200

